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24. März 2023
LANGEWEILE
Als Kind habe ich mich manchmal
gelangweilt. Die Vorschläge meiner Eltern, was ich mit meiner Zeit anfangen
könnte, waren durchweg sinnvoller Natur und hätten vielleicht sogar
geholfen. Aber mich schreckten sie nur ab. Zimmer aufräumen oder
Hausaufgaben machen, versprach mir keine Erlösung von diesem unangenehmen
Gefühl der Langeweile, eher im Gegenteil. Also zog ich mich zurück und lag
missmutig in meinem Zimmer herum. Mir blieb nichts anderes übrig, als das
Gefühl auszuhalten. Und wenn ich das lange genug tat, kam immer von
irgendwoher ein Impuls und meistens wurde ich kreativ, begann etwas zu
erschaffen, geriet in ein „Gesummse“ und in die wundervolle Stimmung der
Verbundenheit.
Manchmal langweile ich mich beim Feldenkrais, ja, ich gebe es zu. Dann liege ich da und denke: „Jetzt das Gleiche noch mal auf der anderen Seite, ojeh!“ oder „Was, noch eine Variante?“ oder „Wie spät es wohl sein mag?“. Und wenn ich mich dann einlasse, auf die Langeweile, auf das was ich spüre, entdecke ich immer etwas und die Langeweile ist verflogen.
Wenn wir uns langweilen, erleben wir einen Zeitraum als sinnlos und vertan. Vielleicht ängstigen wir uns vor der Leere, weil es dort nichts mehr zu geben scheint, an dem wir uns festhalten können? Wer sich langweilt, erlebt das meist als unangenehm, es ist wie etwas nicht annehmen zu wollen. Dabei kann Leere per se nicht unangenehm sein, wo nichts ist, kann auch kein Gefühl gebunden sein. Es ist also unsere Haltung dem Zustand gegenüber, freie Zeit zu haben und unser Unvermögen, die Gegenwart sinnvoll zu gestalten oder in ihr eine Sinnhaftigkeit zu entdecken. So ist Langeweile auch immer der empfundene Verlust von Selbstbestimmung, wir wissen nichts mit dem Moment anzufangen.
Wer guckt heute beim Warten noch einfach so vor sich hin und langweilt sich ein bisschen? Wer hält die Übergänge im Leben aus, ohne sie gleich zu füllen, z. B. wenn wir nach Hause kommen oder eine Sache beendet und die nächste noch nicht begonnen haben oder von A nach B fahren? Und dient vielleicht auch die viele Selbstoptimierung der Verhinderung von leeren Zeiten (in denen sich sonst womöglich unsere ganze Kreativität entfalten könnte)? Und ist es wirklich sinnstiftend womit wir uns da dauernd beschäftigt halten?
Wenn die Gegenwart das Gefühl von Langeweile dominiert, bietet es sich an, dieses Gefühl nicht als Missstand sondern als Ereignis zu betrachten und neugierig zu studieren. Zulassen, aushalten und dem Unbehagen standhalten, bis die Situation uns offenbart, was sie für uns bereit hält. Langeweile motiviert, nach Sinn zu suchen. Das Wort Sinn entstammt dem indogermanischen sent, gehen, reisen, fahren, oder dem althochdeutschen sinnan, reisen, streben, trachten, oder dem lateinischen sentire, empfinden, wahrnehmen. Sich ein wenig bewegen, streben, empfinden und wahrnehmen klingt irgendwie nach Feldenkrais?
28. Januar 2023
Warum ist es manchmal so schwer Gewohnheiten zu ändern?
Die Feldenkrais Methode betrachtet zuerst, wie wir etwas tun und warum,
um es sinnvoll verändern zu können. Erstmal müssen wir wahrnehmen, dass wir
vielleicht nur den Hals verdrehen, wenn wir uns umschauen wollen, und dass
uns das begrenzt. Wo begrenzt es uns? Was bräuchte es? Wir könnten darauf
kommen, erst mal unser Becken aufzurichten, ein Knie und die Hüfte
vorzuschieben und die Wirbelsäule ihre Möglichkeiten Richtung Kopf entfalten
zu lassen. Das entlastet den Hals und wir können uns nicht nur weiter
umschauen, es macht uns auch mehr Freude.
Also finden wir erst
einmal heraus, wie funktioniert unsere Gewohnheit? Was geht dem Moment
voraus oder nicht voraus, indem sich entscheidet, es wieder so zu tun, wie
wir es schon immer getan haben? Wie könnten wir diesen Moment anders
gestalten, um unser Leben angenehmer werden zu lassen? Voila, schon hast du
Feldenkrais in dein Leben gelassen.
Mit bewegenden Grüßen
Anne
Barthelmeß
9. Dezember 2022
Bei meinen Einzelstunden ist meine erste Frage in der Regel nach deinen Wünschen und das lässt sich nicht immer so leicht beantworten. Die Frage bezieht sich erstmal auf das, was dich geleitet hat, es mit Feldenkrais zu probieren und zu mir zu kommen. Oft taucht dann auf, was man sich nicht Wünscht, Schmerzen zum Beispiel, und es ist nicht immer ganz einfach, das so umzuformulieren, dass dabei etwas heraus kommt, was man sich tatsächlich wünscht.
Auch sonst ist es keine ganz so einfache Frage, wie es erstmal vielleicht scheint. Erst denkt man, klar habe ich Wünsche, ganz viele sogar. Oder man sagt, ich habe keine Wünsche mehr (wo sind denn die Wünsche deiner Kindheit oder Jugend geblieben, haben sie sich alle erfüllt?) Was wünscht du dir? Ich meine, was wünscht du dir wirklich? Was bedeutet dieser Wunsch für dich, was soll er dir erfüllen? Wie schmeckt oder duftet die Erfüllung, wie schaut sie aus oder fühlt sie sich an, was macht es mit dir, wenn sich der Wunsch erfüllt? Woran würdest du merken, dass dein Wunsch gerade in Erfüllung geht?
Als Kind wünschte ich mir Gegenstände, Unternehmungen oder auch Haustiere. Aber auch Superkräfte oder etwas von Bedeutung tun zu können, etwas, was bewegt, verändert und gesehen wird. Was ich mir von der Erfüllung meiner Wünsche erhoffte, waren immer Momente, in denen ich Nähe und Verbundenheit zu mir, anderen und der Welt empfinden konnte oder in denen ich versunken ins Leben sein konnte, etwas ausleben und ausprobieren konnte, was in mir steckte und heraus wollte.
In diesem Sinne, mit den besten Wünschen für 2023, Anne Barthelmeß